Um 1260 Erbauung
1261 Weihe
1611-1619 Umgestaltung; dabei Einzug des Chorgewölbes
1787 Einzug der Weißdecke; Aufstellung des klassizistischen Altars
Vor 1845 Teilabbruch des baufälligen Chorturms bis auf die heutige Höhe
1910 Renovierung
1982-1983 Restaurierung
Topografie
Das Ende des 19. Jahrhunderts baulich erneuerte Gut Lerchenfeld liegt etwa einen Kilometer südöstlich der heutigen Stadtgrenze von Neutraubling an der Kreuzung der Altstraßen zwischen Barbing und Mintraching und zwischen Obertraubling und Mintraching. Die Uraufnahme verzeichnet zwei Anwesen: Im Norden das Gut als offenen Vierseithof mit der Kirche an der Südwestecke und einen Hakenhof im Südwesten. Die Karte zeigt Grundstücksverhältnisse für das nördliche Anwesen, welche möglicherweise auf einen einstigen Ansitz bzw. eine Burg hinweisen. Es zeigen sich nicht nur Reste eines Weihers auf der Südwestseite, sondern auch die an einen Graben erinnernde Anordnung der zugehörigen (heute bebauten) Randflächen. Auch die Geländeformation mit einer leichten Senke von bis zu 60 cm in diesem Abschnitt gibt einen Hinweis auf eine frühere Grabensituation. Zwei weitere Teiche sind in der Uraufnahme im Süden und Osten eingetragen, von denen letzterer noch besteht. Wie in Niedertraubling steht die zum Gut gehörige Kirche außerhalb des (angenommenen) Grabens. Lerchenfeld bildete zeitweise eine Hofmark.
Geschichte
Lerchenfeld gilt als Herkunftsort der seit 1171 hier belegten Lerchenfelder, die als adlige Familie seit dem 16. Jahrhundert zunächst in Gebelkofen und dann in Köfering ansässig waren und eine in der Region einzigartige dynastische Kontinuität aufweisen. Es existiert die örtliche Tradition einer frühen Befestigung, die angeblich in den Hunnenkriegen des frühen 10. Jahrhunderts zerstört worden wäre. Hinweise auf eine durch einen Wassergraben gesicherte Anlage ergeben sich mit aller Vorsicht aus der Uraufnahme.
Als Stifter und Erbauer der Kirche gilt der Regensburger Domherr Heinrich von Lerchenfeld, der in bischöflichen Urkunden seit 1229 als „obellarius“ (Obleier, d. h. Einnehmer und Verwalter der Abgaben an die Kirche) und 1260 und 1266 als Dompropst („prepositus“) verzeichnet ist. Mit seinem Amt ist die Wahl des Patroziniums St. Petrus der Domkirche hinlänglich erklärt. Ob es an dieser Stelle eine ältere Kapelle St. Jakobus d. Ä. gab wie überliefert wird, ist nicht ausgeschlossen, denn die Südwestwand des Langhauses in Tiefe der Empore ist deutlich stärker als die anderen Mauern und könnte (unter Vorbehalt) zu einem älteren Bau gehören. Nach der Weiheinschrift wurde die jetzige Kirche mit nur einem Altar im August 1261 von Bischof Albert von Regensburg, wohinter sich kein geringerer als Albertus Magnus verbirgt, zu Ehren der Dreifaltigkeit, der Jungfrau Maria, des Apostels Petrus und des Erzengels Michael geweiht.
Aus dem Besitz des Domkapitels wurde die Kirche 1611 von Kaspar Sigmund von Lerchenfeld „aus besonderer Liebe zu seinem alten Stammgute“ zurückerworben und zeitgemäß umgestaltet. Er ließ bis zu seinem Tod 1619 den alten Eingang in der Mitte der Südseite und ein gotisches Fenster im Chorhaupt vermauern sowie Fenster vergrößern. Auch den Chor, der bis dahin eine flache Holzdecke getragen hatte, ließ er mit einem modernen Stuckrippengewölbe versehen, in der Art, wie es kurz zuvor im Bischofshof zu Regensburg geschehen war. Lerchenfeld wurde im 18. Jahrhundert als Stifter der Kirche bezeichnet.
Dem Dreißigjährigen Krieg zollte auch St. Petrus einen Tribut, was sich aus der Nennung eines beschädigten bzw. entweihten Altars („altare violatum“) 1665 schließen lässt. 1787 wurde die Holzfelderdecke des Langhauses durch die heutige Weißdecke ersetzt. Die Aufstellung des klassizistischen Altars dürfte ebenfalls mit dieser Umbaumaßnahme in Zusammenhang stehen.
Die Form des Chors lässt unschwer erkennen, dass St. Petrus als Chorturmkirche errichtet wurde. Der marode Turm wurde vor 1845 auf seine heutige Höhe abgetragen und ein Dachreiter aufgesetzt. Im Zuge einer Renovierung 1910 entdeckte man im Chor frühgotische Malereien, die von dem Weichser Kirchenmaler Johann Böckl freigelegt und gereinigt wurden. Eine Restaurierung der Kirche erfolgte 1982/83.
Beschreibung
Das Äußere. Trotz der vergrößerten Rundbogenfenster und des Abbruchs ihres Chorturms hat St. Petrus den Eindruck einer frühgotischen Saalkirche mit Ostturm bewahrt. Der alte Eingang in der Südseite wurde wohl schon 1611 zugesetzt und durch das Westportal ersetzt. Das Langhaus ist durch zwei Fensterachsen gegliedert. Je ein Fenster in der Nord- und Südwand beleuchtet den eingezogenen Rechteckchor, dessen 1910 dokumentiertes Ostfenster wieder vermauert wurde. Mit dem Teilabbruch des Ostturms und möglicherweise auch des Westgiebels erhielt die Kirche ihr Walmdach, unter dessen östlicher Traufe ein kleines Rechteckfenster eingebracht ist.
Das Innere. Der Charakter einer spätromanisch-frühgotischen Saalkirche ist im Inneren weniger erfahrbar als außen. Das Langhaus präsentiert sich seit 1787 schlicht: mit einer weiß verputzen Flachdecke mit farblich abgesetztem, leicht vertieftem und profiliertem Spiegelfeld. Je zwei Rundbogenfenster gliedern und belichten den Raum.
Die Westseite mit der auffallend starken, vorspringenden Südwestmauer ist von einer Empore dominiert. Feinprofilierte Pilasterstuckrahmen gliedern die Emporenbrüstung in drei Felder. Zugänglich ist die Empore über eine zwischengewendelte Treppe in der Nordwestecke.
Der Chor öffnet sich mit einem schmalen und hohen Triumphbogen, gedeckt von einem in gotisierender Weise gestalteten Tonnegewölbe mit Stichkappen über den seitlichen Chorfenstern. Der Applikationsstuck besteht vermutlich aus Holz, Sägemehl und Leim.
Die Ausstattung. Der um 1787 aufgestellte klassizistische Choraltar ist ein elegantes korinthisches Zweisäulenretabel mit flächenhaft-orthogonaler Ordnung, aus der lediglich die beiden schräg gestellten Säulengebälke abweichen. Mit der hellen Marmorierung kontrastieren die Rotmarmor imitierenden Gesimse und die vergoldeten Schnitzteile. Vier Vasen bilden die Akzente für den pilastergerahmten Auszug. Auf Figurenschmuck ist gänzlich verzichtet. Das rundbogige Altarbild zeigt die Rettung des untergehenden Petrus durch Jesus im Sturm auf dem See Genezareth.
Links am Chorbogen hängt das älteste Ausstattungsstück: Ein Tafelbild mit einer Darstellung der Jünger, datiert Anfang des 17. Jahrhunderts. Das Bild wurde möglicherweise von Kaspar Sigmund von Lerchenfeld gestiftet. Für Lerchenfeld und seine Frau Sibylla von Ratzenried ist ein Epitaph an der Nordwand des Chores aufgestellt. Rechts am Chorbogen kniet auf einer mehrfach gestuften Konsole der reuige Petrus, eine theatralisch-ausdrucksstarke Figur aus dem mittleren 18. Jahrhundert, die gefalteten Hände erhoben und den Blick nach oben gerichtet.
Die Wandmalereien. Die frühgotischen Wandmalereien im Chor aus der Zeit um 1260 sind in der Gegend einzigartig. Sie wurden 1910 aufgedeckt und von Kirchenmaler Johann Böckl aus Weichs freigelegt und gereinigt. In zwei Registern stehen an der Ostwand als ornamental gerahmter Fries aus Medaillonbildern Szenen aus dem Neuen Testament übereinander. Im unteren Register sind zwei biblische Szenen um Maria Magdalena dargestellt: Das Gastmahl im Haus des Pharisäers mit Salbung der Füße Jesu durch Maria Magdalena und das Noli me tangere. Im oberen Bildstreifen steht die Kreuzigung Jesu zwischen der Enthauptung Johannes des Täufers und dem Gastmahl des Herodes, bei dem – eine sehr seltene Darstellung – Salome auf den Händen balanciert. An der Nord- und Südwand folgen Apostel- und andere Martyrien, unter denen von elf Szenen sieben noch feststellbar sind. Jedoch kann nur das Martyrium des Johannes an der Südwand identifiziert werden; östlich an der Nordwand stehen Simon Zelotes und Judas Thaddäus. An der Nordwand ist auch die monumentale Weiheinschrift in Teilen erhalten. In 14 Zeilen kündet sie von der Kirchweihe im August 1261 durch Bischof Albertus Magnus und von ihren Patrozinien, die mit denen der Domkirche weitgehend identisch sind. Sie zählt die Reliquien im Altar auf, darunter einen Kreuzsplitter, Krümel vom Brot des letzten Abendmahls („DE PANE QVEM CVM DISCIPULIS MANDUCAVIT“), Schweißtropfen von der Stirn Jesu und Reliquien von Aposteln und Märtyrern, deren Leiden Szenen für die Ausmalung vorgaben.
Würdigung
St. Petrus ist eine kleine Landkirche, aber die ungewöhnlichen und aus der Sicht der Zeit herausragenden Reliquien, die hohe handwerkliche Qualität der (nicht gut erhaltenen) Wandgemälde, die Weiheinschrift und das durchdachte theologische Bildprogramm, das die Erlösung der Menschheit durch den Kreuzestod Christi zum Thema hat, machen die Kirche in Lerchenfeld zu einem der zentralen Zeugnisse der frühgotischen Malerei im Raum Regensburg.
Empfohlene Zitierweise:
Kath. Kirche St. Peter, publiziert am 25.03.2025, in: Monumenta – Denkmaldigital, URL: <https://www.monumenta.de/liste/detail/m/baudenkmaeler-47458-d-3-75-174-1> (Datum des Zugriffs)
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